Wenn jemand eine Reise macht, dann kann er viel erzählen. Wenn eine Steinbildhauerin eine Reise macht, dann erzählt sie viel von Friedhöfen. Und wenn sie dann sogar einmal um die ganze Welt reist, wird daraus eine friedhofskulturelle Weltreise!

Die Steinbildhauerin Heike Spiekermann und ihr Ehepartner Jörg Lottermoser sind am 30. April 2007 zu einer eineinhalbjährigen Weltreise gestartet, die im November 2008 in Australien endete. Die Besonderheit war: regelmäßig erhielten wir Berichte über Friedhöfe oder Bestattungsformen die ihnen auf der Reise begegnet sind, die wir auf der Homepage präsentieren. Auf der Weltkarte können Sie die Reise virtuell verfolgen. Beim Anklicken der Markierungen gelangen Sie zu den Fotos und Erläuterungen, die über die friedhofskulturellen Besonderheiten der einzelnen Stationen informieren.

 

Die beiden Weltenbummler erfüllten sich mit dieser Reise einen Lebenstraum. Mit dabei war der speziell aus- und umgebaute VW-„Bulli“ aus dem Baujahr 1976, mit dem sie mit ca. 66.000 km die Länder durchquert haben. Die Reiseroute für die Weltreise verlief folgendermaßen:

-Mai 2007: Verschiffung des Bullis im Container von Bremerhaven nach Toronto, Ontario, Canada.
Reise durch Canada auf dem Trans-Canada-Highway, Yellowhead-Highway und Alaska-Highway nach Alaska, im Yukon Territory nach Norden bis an den arktischen Ozean (die letzte Etappe allerdings im Flugzeug).

-Weiterreise an der Westküste Nordamerikas nach Süden mit Abstechern in die canadischen Rocky Mountains und die Nationalparks im Westen der USA. Im Süden der USA nach Osten bis Arizona.

-November / Dezember 2007: Weitere Containerverschiffung von Los Angeles (über Auckland, NZ) nach Sydney, Australien.

-Reise entlang der Ostküste nach Süden und Tasmania, über die Great Ocean Road nach Adelaide und auf die Eyre Penninsula. Rückfahrt durch das Landesinnere über Broken Hill nach Sydney.
-Weiterreise entlang der Ostküste nach Norden bis Cooktown. Weiter nach Karumba am Gulf of Carpentaria. Dann durchs Outback nach Alice Springs und (natürlich) zum Uluru (auch Ayers Rock genannt) im Zentrum des Kontinents. Von dort nach Darwin im tropischen Norden und weiter entlang der Westküste bis Perth. Über die Nullarbor zurück nach South Australia in die Flinders Range und dann nach Melbourne.

-Oktober/November/Dezember 2008: Rückverschiffung im Container von Melbourne nach Hamburg (über Singapore).

 

Heike Spiekermann berichtet nun abschließen dazu: „Die Reise dauerte 8 Monate und 29.000 km in Nordamerika und 10 Monate und 37.000 km in Australien. 4 kleine Pannen waren zu verzeichnen, ein Satz Reifen war fällig. Dreimal mußten wir fremde Hilfe in Anspruch nehmen, für eine Steigung und zweimal stecken bleiben. Wir hatten Tagestemperaturen um 40° und Nachttemperaturen unter dem Gefrierpunkt, Tage mit 24 Stunden Tageslicht und Tage, an denen die Sonne bereits um 17 Uhr unter ging. Unser VW Bus war 18 Monate unser Zuhause. Viele Kontakte haben wir über unseren 32 Jahre alten Bus und das deutsche Kennzeichen geknüpft. Wir sind in 8 Zeitzonen umher gereist und haben 230 Friedhöfe besucht.

Am 26.10.2008 besuchten wir den letzten Punkt unserer Friedhofskulturellen Weltreise, den Springvale Botanical Cemetery in Melbourne.
Nach gut 10 Monaten sind wir einmal um Australien herum und schnell ist klar, dass wir noch einmal in das nette Friedhofscafe gehen wollen, das sich mitten auf dem Friedhof befindet. Schon im Januar hat uns dieser Friedhof gut gefallen. Er ist zwar städtisch und stark reglementiert aber durch seine extreme Vielseitigkeit total toll (siehe FKW 6.1.2008). Ein ausgiebiger Rundgang zum Abschied folgt und wieder entdecken wir neue Abteilungen. Besonders fällt uns diesmal eine Sammelbegräbnisstätte auf, zentral gelegen und sehr stark besucht, es ist schön wenn ein Friedhof so richtig „lebt“.

Natürlich haben wir auf unserer Reise auch das Gegenteil erlebt, Friedhöfe die schon seit vielen Jahren sich selbst überlassen wurden, weil Siedlungen aufgegeben wurden. Mitten im Nirgendwo - absolut still. Richtig schön fanden wir auch, dass auf den Friedhöfen außerhalb der Ballungsräume um die großen Städte die Gräber in der Regel nicht eingeebnet werden. So erzählen die Friedhöfe auch noch nach Jahrzehnten die Geschichten von "einfachen" Menschen.

In Deutschland bin ich mit Sicherheit kein Fan von Kunstblumen, während unserer Reise war ich oft von deren üppiger Pracht begeistert. Man muss bedenken, dass dies für Angehörige oft die einzige Möglichkeit ist, ein Grab zu schmücken. Der Weg zum Friedhof ist teilweise sehr weit und in Regionen, in denen es vielleicht über Monate keinen Regen gibt oder auch in Landstrichen, in denen es andererseits Monate durch regnet, sind Kunstblumen sicherlich die einzige Möglichkeit ein Grab mit Blumen zu schmücken. Für deutsche Verhältnisse ungewöhnlichen Grabschmuck haben wir oft sehen können. Mal war es der Hut oder die Schuhe des Verstorbenen, der Motoradhelm oder auch das T-Shirt, der Lieblingswhisky oder das Lieblingsbier, die Phantasie der Angehörigen ist grenzenlos.
Auch bei den Grabsteinen war alles vertreten. Wie bei uns gibt es Natursteine in allen Formen, aber auch Holz, Metall und Keramik gab es zu bewundern. Je weiter man von den Städten weg war, desto mehr war Eigenproduktion angesagt. Was soll man machen, wenn der nächste Steinmetz vielleicht hunderte von Kilometern entfernt ist, dann wird eben das Surfbrett des Verstorbenen auch als Grabmal gewählt.

 

Die Friedhöfe ziehen sich, wie ein roter Faden durch unsere Reise. Angedacht war mal ein Friedhofsbild pro Woche als Gegenleistung für 18 Monate Auszeit. Angehalten haben wir dann bei fast jedem, den wir gesehen haben. Andere Reisende haben an Touristen Informationen angehalten um nach Supermarkt und Waschsalons zu fragen, wir haben manch nette Dame dadurch verwirrt, dass wir nach dem Friedhof gefragt haben. 230 Friedhöfe haben wir besucht, von 70 Friedhöfen werden die Bilder auf unserer Web Site gezeigt. Mal schauen, ob wir zurück in Deutschland auch an jedem Friedhof anhalten werden und ob mein Vater sein Lieblingsbier als Grabschmuck bekommen wird...